Aufruf zur Solidaritätskundgebung mit den Streikenden in Frankreich – am Dienstag um 16 Uhr

13. Juni 2016

,

Wann: 14. Juni 2016 um 16 Uhr
Wo: Martin Luther Platz 26, 40212 Düsseldorf
Am 14. Juni findet anlässlich einer Senatssitzung in Paris eine Großdemo statt.
Wir wollen nicht abseits stehen, und bekunden unsere Solidarität durch eine
Aktion an diesem Tag vor dem französischen Konsulat in Düsseldorf.

Seit mehreren Wochen befinden sich französische Arbeitnehmer*innen gegen das
neue Arbeitsgesetz im Streik. Dieses Gesetz (Loi Travail) verschlechtert Arbeitsbe-
dingungen und die soziale Absicherung. Wie bei der Agenda 2010 in Deutschland
sollen nun auch in Frankreich die kleinen Leute für die Krise bezahlen, die sie nicht
verursacht haben. Darüber hinaus gibt es weitere branchenbezogene Anlässe für
die Streiks: die Privatisierung der Bahn (SNCF) und anderer Sektoren, Umstrukturie-
rung bei den Piloten, Lohnerhöhungen etc.
Nuit Debout – (G)Reve general
Die StudentInnen und SchülerInnen haben u.a. Plätze besetzt und die
Nacht zum Tag gemacht – die wache (aufrechte) Nacht mit dem Gene-
raltraum bzw. Generalstreik. Die französischen Arbeitnehmer und Stu-
denten haben mit Mut, Ausdauer und Entschlossenheit die verschie-
denen Kämpfe und Forderungen zu- sammengeführt und haben dadurch
eine ungeahnte Kraft erlangt. Sie sind entschlossen, dies auch während
der Fußball-Europameisterschaft zu demonstrieren.
Solidarische Grüße aus Deutschland und anderswo
Wir wollen mit unserer Aktion vor dem französischen Konsulat die französischen Aktiven
grüßen, und erklären unsere Solidarität mit ihrem Kampf gegen Prekarisierung, Entmündigung
und Polizeigewalt. Wir bewundern sie für ihre Entschiedenheit. Auch in anderen Ländern
werden Solidaritätskundgebungen stattfinden, z.B. Brasilien, Spanien, USA, Schweiz, Italien.
Wir fordern alle Solidarischen auf, am 14. Juni in Düsseldorf mit Transparenten und kurzen Beiträgen dabei
zu sein.
Wann: 14. Juni 2016 um 16 Uhr
Wo: Martin Luther Platz 26, 40212 Düsseldorf
Solidarität mit den Streikenden in Frankreich!
Schlangen vor den Tankstellen, gedrosselte Energiever-
sorgung, Ausfälle im öffentlichen Nah- und Fernverkehr
sowie gestrichene Flüge, nächtliche Diskussionsrunden
von Schülern und Studenten auf öffentlichen Plätzen,
Mülltürme auf den Straßen, Polizeigewalt und radikale
Aktionen…
Seit März reißt der Widerstand in Frankreich gegen das
neue Arbeitsgesetz (Loi Travail) nicht ab. Beschäftigte,
Erwerbslose, Gewerkschaften, Schülerinnen und Schüler,
Studentinnen und Studenten besetzen Plätze (nuit
debout, die wache, aufrechte Nacht), Beschäftigte vieler
Bereiche sind in den Streik getreten. Über 70 % der
französischen Bevölkerung sind gegen dieses Gesetz.
Trotzdem wurde es von der französischen Regierung
unter Umgehung des Parlaments beschlossen. Dazu
wurde der Verfassungsparagraph 49.3 herangezogen, was
seinerseits Gegenstand großer Kritik bei den
Protestierenden ist.
Warum der hartnäckige Widerstand?
Der Kündigungsschutz für die Jugendlichen soll gelockert
werden. Ähnliche Pläne konnten 2006 von einer
Massenbewegung verhindert werden. Das neue Gesetz
bringt außerdem für die Beschäftigten und ihre
Gewerkschaften eine Reihe gravierender Nachteile. Aus
der Vielzahl der Maßnahmen seien zwei hervorgehoben:
Bisher galt in Frankreich wie in Deutschland das
Günstigkeitsprinzip. Das bedeutet, dass bei
unterschiedlichen Regelungen in Gesetzen, Branchentarif,
Haustarif und individuellem Arbeitsvertrag diejenige
Regelung zum Zuge kommt, die für die Beschäftigten am
günstigsten ist. Dieses Prinzip soll nun gekippt werden.
Vorrang soll nun der Tarif auf Betriebsebene haben. Wenn
also ein Unternehmen den Konkurrenten der gleichen
Branche Marktanteile abnehmen will, können nach dem
neuen Gesetz die Beschäftigten zu unbezahlter
Mehrarbeit herangezogen werden – und zwar bis zu 60
Stunden in der Woche. Dies bedeutet, dass die
Beschäftigten verschiedener Unternehmen in einen noch
schärferen Konkurrenzkampf gegeneinander getrieben
werden. Der Grundgedanke von Gewerkschaften ist aber,
die Konkurrenz unter den Beschäftigten zurück zu
drängen, um einen Unterbietungswettbewerb zu
verhindern. Das Gesetz zielt also auf die Essenz der
Gewerkschaftsbewegung und soll sie in einem Ausmaß
schwächen, das man historisch nennen muss.
Durch den Sozialabbau in Deutschland – Stichwort:
„Agenda 2010“ – und Lohndumping haben sich die
deutschen Unternehmer einen Konkurrenzvorsprung
verschafft, der die französischen Unternehmer und die
französische Regierung,, aber nicht nur die, unter
Zugzwang setzt. Die Abwärtsspirale wird also ein Stück
weiter gedreht. Was in Frankreich gerade stattfindet, ist
aber nicht einfach das Nachholen der Hartz IV-Gesetze,
Solidarität mit der Protestbewegung in Frankreich – weg mit dem Loi Travail!
sondern stellt darüber hinaus einen schwerwiegenden
Angriff auf die Gewerkschaften als solches dar. Es liegt
also auch in unserem Interesse, die große Mehrheit der
französischen Bevölkerung in ihrem Abwehrkampf gegen
das neue Arbeitsgesetz zu unterstützen und dem
Klassenkampf von Oben Widerstand von Unten
entgegenzusetzen. Noch besser wäre, europaweit
gemeinsam gegen die neoliberale Politik vorzugehen.
Angriff auf die Demokratie – 49.3
Gegenstand der Proteste ist auch, dass das neue
Arbeitsgesetz nicht dem Parlament zur Beschlussfassung
vorgelegt, sondern von der Regierung mit Bezug auf den
selten angewendeten Artikel 49.3 der französischen
Verfassung einfach eingeführt wurde. Das bedeutet in
diesem Fall die Aufhebung der Gewaltenteilung zwischen
Regierung (Exekutive) und Parlament (Legislative).
Thema ist auch die Polizeigewalt und Festnahmen von
Aktivisten, die Beschimpfung
als Terroristen durch die
Regierung, die die
Streikenden einschüchtern
sollen.
Es ist zu erwarten, dass die
Kämpfe weitergehen. Wir in
Deutschland sollten unsere
Solidarität verstärken.
Internationale Solidarität grenzenlos
Unsere Solidarität erstreckt sich auch auf die
nichtwohlhabene griechische Bevölkerung, deren
soziale Infrastruktur zerstört wurde und deren Land
durch Privatisierung zum Ausverkauf steht.
Wir sind solidarisch mit denjenigen, die sich in
Spanien, Italien und Portugal vehement gegen die
Präkarisierung wehren, und die Streikenden in
Belgien.
Wir sind aber auch bei der kolumbianischen
Kleinbauern-, Afro- und Indigenenbewegung, die
seit Wochen mit Blockaden und Demonstrationen
protestiert, weil sie von ihrer Händearbeit nicht
mehr leben kann, und Zusagen der Regierung nicht
eingehalten werden. Sie beklagen schon 3 Tote und
Hunderte von Verletzten.
Unsere Solidarität gehört auch den brasilianischen
Gewerkschaften und Bewegungen, die gegen die
neue, illegitime Regierung mobilisiert, welche auch
ein Ausdruck der reaktionären Offensive in
Südamerika ist.