Wir fordern Lebenszeichen von Öcalan!!!

11. September 2016

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Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

 

In der Türkei überschlagen sich die politischen Entwicklungen. Es ist erst zwei Monate her, als ein Kreis innerhalb der Armee gegen die Erdogan-Regierung einen Militärputsch probte, welcher durch die AKP zum Scheitern gebracht wurde. Anschließend vollzog die türkische Regierung selbst einen zivilen Putsch, mit welchem sie seitdem nicht nur gegen die Putschisten sondern gegen die gesamte Opposition im Lande vorgehen.

 

Seit der Nacht des gescheiterten Putschversuches kursieren hartnäckig Behauptungen, die übrigens auch von Regierungsvertretern vorgebracht wurden, dass es in jener Nacht auch auf der Gefängnisinsel Imrali, wo der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan seit 1999 festgehalten wird, zu militärischen Auseinandersetzungen kam. Da niemand, weder seine Anwälte, noch Familienangehörige oder politische Delegationen seitdem die Gefängnisinsel besuchen durften, gibt es keine Information, die diese Behauptung entkräften könnte. Folglich ist unsere Sorge über den Gesundheitszustand und die Sicherheit von Herrn Öcalan groß.

 

Zwischen dem 31. August und dem 6. September besuchte das Antifolterkomitee des Europarates (kurz CPT) – die einzige internationale Institution, die befugt ist, ohne Genehmigung des türkischen Staates die Gefängnisinsel Imrali aufzusuchen – die Türkei auf. Allerdings sahen die Vertreter des CPT es wohl nicht für notwendig an, während ihres Aufenthaltes auch die Gefängnisinsel Imrali aufzusuchen. Man habe lediglich mit Regierungsvertretern über Öcalan gesprochen, heißt es von Seiten des Antifolterkomitees.

 

Die Sorge des kurdischen Volkes ist sehr groß und nicht unbegründet. Die kurdische Frage ist das zentrale politische Problem in der Türkei und in der Region. Die ungelöste kurdische Frage führt derzeit zu einer Vertiefung der Krise und des Chaos in der Region.

 

Die Annäherung der Regierung bzw. des türkischen Staates an Herrn Öcalan ist immer ein Spiegelbild seiner Politik gegen die kurdische Bevölkerung. Bevor die Friedensgespräche zwischen seiner Person und Vertretern des türkischen Staates Ende Juli letzten Jahres endgültig für beendet erklärt worden waren, setzte die AKP bereits im April 2015 auf die erneute Totalisolation Öcalans. Nach dieser Isolationspolitik vom 05. April folgte eine breit angelegter Krieg des türkischen Staates in den Städten Nordkurdistans. Kurdische Städte und Bezirke wie Sur, Cizre, Nusaybin, Silopi, Sirnak und Mardin wurden vom Boden und aus der Luft angegriffen. Hunderte von ZivilistInnen wurden dabei ermordet. Begleitet wurde diese Kriegspolitik von rechtlichen Maßnahmen des türkischen Staates gegen die kurdische Politik. So wurde ein Gesetz zur Aufhebung der Immunität von kurdischen Abgeordneten und ein weiteres zur Absetzung kurdischer Bürgermeister verabschiedet.

 

Diese kurdenfeindliche Politik des türkischen Staates ist nicht nur auf ihre Innenpolitik begrenzt.

Denn auch die Errungenschaften der KurdInnen in Syrien werden seit dem ersten Tag von der Türkei mit Argwohn beobachtet. Die Türkei geht sogar so weit, dass sie Mörderbanden wie IS unterstützt, damit diese die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete bekämpft und angreift. Sie schließt ihre Grenzen zu Rojava und setzt die Region so unter ein wirtschaftliches Embargo, wodurch die Bevölkerung der Gefahr einer humanitären Katastrophe ausgesetzt wird. Sie macht keinen Hehl daraus, dass die Kurden in Syrien für sie eine viel größere Gefahr darstellen als der IS.

 

Trotz dieser feindlichen Politik der Türkei gelingt es aber den KurdInnen in Rojava gemeinsam mit der internationalen Koalition einen sehr effektiven Kampf gegen den IS zu führen. Zuletzt hat sie in einer 73tägigen Militäroffensive die syrische Stadt Manbidsch vom IS befreit. Diese Entwicklung hat die Türkei dermaßen in Panik versetzt, dass sie schließlich am 24. August selbst in Dscharablus einmarschiert ist und seitdem einen Besatzungskrieg führt.

 

Alleine die genannten Entwicklungen reichen aus, um die Gefahr zu erkennen, die von Seiten des türkischen Staates ausgeht und die Sorge um die Gesundheit von Öcalan verstärkt.

 

Gegen diese gefährliche Politik der Türkei befinden sich die Kurden überall, wo sie leben, in ständiger Aktion. Sie versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auf diese Gefahr hinzuweisen und fordern eine Klarheit über die Situation von Öcalan.

 

In diesem Zusammenhang befinden sich die Kurden unter der Initiative des Diasporarates von Shengal seit dem 23. August in Strasbourg einen unbefristeten Hungerstreik.  Seit dem 5. September haben sich auch in Diyarbakir (Amed) 50 kurdische Politikerinnen und Politiker in einen unbefristeten Hungerstreik begeben.

 

Erschreckend ist, wie die Institutionen wie das Europäische Antifolterkomitee CPT sowie internationale Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder Human Rights Watch diesen einzigartigen Fall von Willkür und Menschenrechtsverletzung ignorieren.

 

Gerade aufgrund der Dringlichkeit der Situation ist es besonders wichtig, dass ohne weitere Verzögerung öffentlicher Druck ausgeübt wird, um eine Klarheit über die Situation von Herrn Abdullah Öcalan zu erhalten. Aus diesem Grund rufen wir alle humanitären, linken und demokratischen Kräfte dazu auf, sich mit der Forderung nach einem „Lebenszeichen von Öcalan“ mit ihrer Stimme zu erheben. Unterstützt diese Forderung durch Erklärungen, Briefe und Aktionen, damit wir gemeinsam diese neue Gefahr abwenden können.

Für Nachfragen stehen wir euch jederzeit zur Verfügung.

info@navdem.com

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