Bundestagsabgeordnete bekräftigt den Schwur von Buchenwald

19. Februar 2017

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Die inner- und außerhalb des Bundestages unermüdlich antifaschistisch wirkende Abgeordnete Ulla Jelpke (DieLinke) sandte der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten in Dortmund zu deren 70jährigen Gründungsfeier am 10. Februar das folgende Grußschreiben:

„70 Jahre VVN sollte zuerst einmal ein Grund zum Feiern sein. Ein Grund, um auf 70 ereignisreiche Jahre des antifaschistischen Kampfes zurückzublicken. Ein Anlass, um all derjenigen Kameradinnen und Kameraden zu gedenken, die heute nicht mehr unter uns sind. 70 Jahre VVN sollte uns auch ein bisschen stolz machen, denn es ist uns gelungen den Gedanken des Antifaschismus am Leben zu halten und an jüngere Generationen weiterzugeben.“ Weiter heißt es: Doch heute nach 70 Jahren ist eine Vereinigung wie die VVN vielleicht wichtiger, als in den letzten Jahrzehnten. Denn mit der AfD ist eine offen rassistisch auftretende extrem rechte Partei in zahlreiche Landtage eingezogen, der Einzug in den Bundestag ist wahrscheinlich. Auf der Straße wird die AfD von der Pegidabewegung und ähnlichen dumpf-völkischen Strömungen begleitet. Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte haben einen neuen Höchststand erreicht. Immer mehr Waffen werden bei Rechtsextremisten gefunden. Wissenschaftliche Umfragen zeigen, dass vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Krise und Verunsicherung breiter Bevölkerungsteile eine zunehmende Verrohung gerade der sogenannten Mitte der Gesellschaft stattfindet mit einer Abwertung von allen, die „anders“ und nicht im Sinne des kapitalistischen Profitprinzips verwertbar sind. Mit der NO NPD Kampagne für ein Verbot der faschistischen Partei beweis die VVN vor zehn Jahren, dass sie mit ihrer antifaschistischen Botschaft in weite Kreise der Bevölkerung weit über ihr enges Umfeld hinein wirken konnte. Es war auch dieser Kampagne und dem damit aufgebauten Druck zu verdanken, dass tatsächlich ein neues NPD-Verbotsverfahren eingeleitet wurde. Doch im vergangenen Monat erfolgte die Ernüchterung mit der Weigerung der Karlsruher Richter, die NPD zu verbieten. Die Begründung lautete, die NPD sei zu unbedeutend, um ein Verbot zu rechtfertigen. Dies kann geradezu als Freibrief für die menschenverachtende rassistische Hetze der Nazis verstanden werden. Wir sollten aus diesem Urteil vor allem die Lehre ziehen, dass wir uns im Kampf gegen Faschisten nicht auf den Staat verlassen können sondern nur auf unsere eigene Kraft, auf eigenes Engagement, auf antifaschistischen Selbstschutz. Breite Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Faschismus und Rechtspopulismus sind weiter notwendig. Heute sehen wir uns weltweit einer massiven rechten Offensive vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise des kapitalistischen Systems, von imperialistischen Kriegen und daraus resultierendem Terrorismus gegenüber. Auch in anderen Ländern erhebt das Gespenst des Nationalismus, des Faschismus und der Diktatur sein Haupt. In der Türkei verschwinden zehntausende Oppositionelle in den Kerkern des Möchtegernsultans Erdogan während seine Armee ganze Städte dem Erdboden gleichmacht. Und die Bundesregierung schweigt zu den Verbrechen ihres NATO-Partners. In den USA verhängt der neue Präsident Trump ein rassistisches Einreiseverbot gegen Einwohner aus mehrheitlich muslimischen Ländern und erklärt Schwarzen, Latinos, Homosexuellen, Frauen und anderen nicht in das Bild des weißen christlichen männlichen US-Amerikaners passenden Bürgerinnen und Bürgern seines Landes den Krieg. Weiterhin gilt so das Diktum von Max Horkheimer: „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll auch vom Faschismus schweigen.“ Denn wenn wir nicht die tiefen Ursachen der gesellschaftlichen Verwerfungen, der Rechtsentwicklung, des Aufkommens rassistischen und völkischen Gedankengutes verstehen, dann bleibt auch unser Widerstand letztlich nur oberflächliche Symptombekämpfung. So sollte unser Antifaschismus eben nicht bei einem Anti stehenbleiben, sondern er muss immer auch ein positives Eintreten für eine andere, solidarische Gesellschaft jenseits des kapitalistischen Wolfsprinzips sein. „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“ So lautet der Schwur von Buchenwald vom 19. April 1946. Dieser Schwur war und ist auch der VVN-BdA eine bis heute geltende Verpflichtung. Lasst uns im diesem Sinne den 70. Jahrestag der Gründung der VVN begehen und unseren antifaschistischen Kampf fortsetzen. Mit solidarischen Grüßen, Ulla Jelpke Siehe auch: VVN-BdA Dortmund besteht seit 70 Jahren: Antifaschistinnen und Antifaschisten feiern in der Nordstadt Geburtstag http://nordstadtblogger.de/seit-70-jahren-vvn-bda-in-dortmund-antifaschistinnen-und-antifaschisten-feiern-in-der-nordstadt-geburtstag/