Demo in Düsseldorf-Eller / 9.2.2019 – Rede von Jürgen Schuh

11. Februar 2019

Liebe Freundinnen Freunde,

die Naivität, dass es sich bei unserer heutigen Demonstration heute um eine Demonstration gegen irgendwelche „Ordnungshüter einer selbsternannten Bruderschaft“ in Eller handelt, möchte ich Euch allen nicht unterstellen.

Es geht um mehr! Es geht um das Problem, dass sich in Düsseldorf, in NRW, in Deutschland und Europa eine Renaissance des Faschismus breitmacht, die nicht auf ein paar „Schwachköpfe“ in Eller reduziert werden kann und darf.

Ich spreche hier für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen – VVN-BdA Düsseldorf. Wir sind die Kinder, die Enkel derjenigen, die die Zuchthäuser und die Konzentrationslager der Faschisten überlebten und damals schworen: „…den Kampf erst einzustellen, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht…“ und…“eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen!“

Den Schwur der Überlebenden der Häftlinge von Buchenwald konnte bis heute nicht eingelöst werden. Darum kämpfen wir heute noch.

Der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer,
sagte schon 1951 wo es langzugehen hatte:
“Ich meine, wir sollten jetzt mit der Nazikriecherei Schluss machen. Denn verlassen Sie sich darauf: Wenn wir damit anfangen, weiß man nicht, wo es aufhört.“ Der „Alte von Rhöndorf“ brauchte seine Nazi-Kader.

Und damit begann die Nachkriegstragödie der Rehabilitierung der Altfaschisten, die Bertold Brecht mit den Worten beschrieb: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

Der Aufbau der Nachkriegsjustiz, der Politik, der gesamten politischen Administration, der Polizei, der Sicherheitsdienste, der späteren Bundeswehr wurden mit den ehemaligen 100.000den erfahrenen NSDAP-Kräfte entwickelt. So sahen dann auch die Ämter aus.

Die Kontinuität der faschistischen Personalien seien nur mit einigen Namen belegt:
Bundeskanzler Kiesinger, Kanzleramtsstaatssekretär Hans Globke, Staatssekretär Prof. Vialon, Minister Oberländer, General Heusinger usw. usf. .Die Liste der Faschisten, deren Karriere nach 1945 in allen politischen Etagen ungebrochen weiterlief, lässt sich ohne Ende fortsetzten. Deren politische Auswirkungen zeigen sich bis heute.

Von einer Reinigung des Staatsapparates von Altnazis kann überhaupt nicht die Rede sein. Währen die ehemaligen NS-Berufsbeamten per Gesetz wieder in den öffentlichen Dienst kamen, wurden zahlreiche Antifaschisten per sogenanntem Blitzgesetz daraus entfernt oder ihrer Entschädigungs- und Wiedergutmachungsleistungen beraubt.
In der Ära Schrübbers, des Präsidenten des Verfassungsschutzes mit NS-Vergangenheit, wurden gegen die Kinder und Enkel der Antifaschisten Berufsverbote verhängt.

In einer Demokratie, die von sich in Anspruch nimmt, Lehren aus der Geschichte gezogen zu haben, müssten die Anfänge der Verbreitung faschistischer Ideologie unter Strafe gestellt sein. Die Freiheit der Meinungsäußerung muss verteidigt werden. Aber wir leben nicht in geschichtsfreien Räumen.

Völlig unverständlich ist uns, dass die Vertreter der neofaschistischen AfD ihre rassistischen, ausländerfeindlichen, neofaschistischen Parolen in allen Landesparlamenten und im Bundestag ungehindert verbreiten dürfen.
Vorläufiger Höhepunkt war der Auftritt vom Fraktionsvorsitzenden der AfD Alexander Gauland im Deutschen Bundestag, wo er erklären durfte, der deutsche Faschismus

sei ein „Vogelschiss in der Geschichte“ gewesen.

Dieser „Vogelschiss in der Geschichte“ hat immerhin Deutschland und ganz Europa verwüstet und Millionen Menschenopfer gekostet. Dass dieser Bundestagsabgeordnete nicht vom Rednerpult her verhaftet wurde und sich kein Abgeordneter gefunden hat, diesem Faschisten das Maul zu stopfen, wirft ein bezeichnendes Licht auf dieses höchste Gremium des deutschen Volkes.

Für uns bleibt es dabei:

Jeder festgenommene Antifaschist ist einer zuviel!
Jeder nicht festgenommene Neofaschist ist einer zuwenig!
Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Jürgen Schuh


(Foto: DSSQ)