Ehrenbürger oder Staatsfeind ? – Gedenken an Karl Schabrod
5. April 2021
Ehrenbürger oder Staatsfeind ?
Gedenken am 40. Todestag Karl Schabrods, den 31. März 2021.
Zum Gedenken an den Antifaschisten und Kommunisten Karl Schabrod gab das Stadt & Regionalmuseum Perleberg – der Geburtsstadt von Karl Schabrod – eine Gedenkpostkarte heraus und richtete eine Dauerausstellung zu seinem Leben und Wirken ein. Die Stadt übernahm für ihren Ehrenbürger dauerhaft die Pflege seiner Grabstätte in Düsseldorf.
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Eine Delegation der VVN-BdA – die maßgeblich am Zustandekommen dieser Ehrungen beteiligt war – reiste im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung an. Teilnehmer*innen an der Gedenkveranstaltung auf dem Stoffeler Friedhof in Düsseldorf u.a.: Die Vertreter der VVN-BdA Perleberg Peter Krips und Karl-Heinz Kaiser, die Tochter Klara Tuchscherer, der Landessprecher der VVN-BdA NRW Falk Mikosch, der Vorsitzende der DKP Patrick Köbele und der Kreissprecher der VVN-BdA Düsseldorf Jürgen Schuh.
Zur Biografie von Karl Schabrod:
Geboren 1900 in Perleberg. Seit 1924 Mitglied der KPD und seit 1927 journalistische Tätigkeit für die KPD in Solingen, Remscheid und Düsseldorf. 1933 verhaftet und im KZ Börgermoor inhaftiert. Nach Entlassung 1934 erneut Verhaftung wegen illegaler Arbeit. Schwere Misshandlungen im Gestapo-Gefängnis Steinwache in Dortmund. Im selben Jahr Hochverratsprozess. Staatsanwaltschaft beantragt Todesstrafe. Urteil: Lebenslänglich.
Er überlebte fast 11 Jahre Haft in den Zuchthäusern Werl und Münster.
Ab 1945 war er am Wiederaufbau der KPD im Raum NRW beteiligt, war Lizenzträger der KPD-Zeitung „Die Freiheit“, zeitweilig als deren Chefredakteur.
Er gehörte dem ersten ernannten Landtag von NRW an. Dem ersten gewählten Landtag gehörte er als Fraktionsvorsitzender der KPD bis 1950 an.
Von 1950 bis 1956 war er Mitglied des Düsseldorfer Stadtrates, mehrere Jahre als deren Fraktionsvorsitzender der KPD.
Mit dem widerrechtlichen Verbot der KPD wurde er aus dieser gewählten Funktion entfernt. Danach widmete er sich der Arbeit im „Zentralrat zum Schutz demokratischer Rechte“.
Beteiligt an der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – VVN im Jahr 1945 blieb er der Losung „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus“ bis zu seinem Tode im Jahr 1981 als aktives und engagiertes Mitglied treu.
Wegen Kandidatur als „unabhängiger Kandidat“ zur Landtagswahl 1958 verurteilt zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Dann Kandidatur zur Bundestagswahl als „unabhängiger Kandidat“ wurde er wegen „Geheimbündelei“ zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt, erhielt Berufsverbot als Journalist. Aberkennung seines Status als Verfolgter des NS-Regimes.
Seit 1968 Mitglied der DKP und im Bezirksvorstand Rheinland-Westfalen.
Karl Schabrod, Kommunist, Antifaschist, verbringt mehr als ein Jahrzehnt in den Gefängnissen der Faschisten. Karl Schabrod wird in der Bundesrepublik Deutschland wieder verfolgt, wieder zu Haftstrafen verurteilt. Und der Höhepunkt: Ihm wird der Verfolgten-Status aberkannt und die Verfolgtenrente gestrichen.
Auf der anderen Seite: Weitgehende Nichtverfolgung von Naziverbrechen. Neue Karrieren der Verbrecher in Justiz, Bundeswehr, Polizei, Industrie und Politik. Verseuchung von Polizei, Verfassungsschutz und Bundeswehr mit Neofaschisten. Anwesenheit einer neofaschistischen Partei im Bundestag und in Landtagen in Fraktionsstärke.
Vor diesem Hintergrund ist die Kriminalisierung des damaligen Landtagsabgeordneten und Düsseldorfer Stadtrates Karl Schabrod ein Offenbarungseid für die Nichtbewältigung der faschistischen Vergangenheit unseres Landes. Der Stadtverordnetenversammlung Perleberg ist an dieser Stelle für ihren Mut zu danken.
Jürgen Schuh