Gedenkfeier in der Wenzelnbergschlucht
15. April 2024
Am 14.04.2024 fand in der Wenzelnberschlucht das Gedenken an die dort vor 79 Jahren ermordeten Männer statt. Dieses Jahr war die Stadt Remscheid die Ausrichterin. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz eröffnete die Gedenkfeier, daran schloss sich der eindrucksvolle Beitrag der Schüler:innen des Remscheider Emma-Herwegh-Gymnasiums an. Musikalisch begleitet wurde die Gedenkveranstaltung von der Schülerband „X-Ray“ des Röntgen-Gymnasiums Remscheid.
Vor der Kranzniederlegung sprach Gisela Blomberg als Vertreterin der VVN-BdA NRW:
„Wir gedenken heute der 71 Männer, die an dieser Stelle vor 79 Jahren auf unmittelbaren Befehl des Höheren Polizei und SS-Führers Gutenberger durch die Düsseldorfer Gestapo mit Unterstützung der Wuppertaler Gestapo ermordet wurden. Diese Massenexekution reiht sich ein in die furchtbaren Kriegsendverbrechen, in denen schätzungsweise 700.000 Menschen getötet wurden, wenn wir die Opfer unter den KZ-Häftlingen auf den Todesmärschen miteinbeziehen.
Für all diese Menschen kam die Befreiung zu spät. Sie sollten nicht mehr als Zeugen der ungeheuren Nazi-Verbrechen auftreten können. An einem demokratischen Wiederaufbau Deutschlands sollten sie nicht beteiligt sein.
Die Ermordung der Menschen in der Wenzelnbergschlucht, es war die größte Vernichtungsaktion der Stapo Düsseldorf, fand in der letzten Minute statt, nur 3 Tage vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen.
Von den 71 Opfern, möchte ich stellvertretend an den Düsseldorfer Friedrich Knopp erinnern. Er gehörte im KZ Lüttringhausen zu den politischen Häftlingen.
Bereits 1934 war Knopp zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Nach seiner Entlassung war er wieder in einer linken Düsseldorfer Widerstandsgruppe aktiv.
Ein Spitzel ließ die Gruppe 1939 hochgehen, 6 Angeklagte wurden zu insgesamt 50 Jahren Zuchthaus verurteilt, Friedrich Knopp zu 15 Jahren.
Was aber waren ihre „Untaten“?
Die Gruppenmitglieder verbreiteten Nachrichten von Radio Moskau und beschrifteten Klebestreifen mit antifaschistischen Parolen. Darüber hinaus fertigten sie Streuzettel mit Schiller- und Goethe-Zitaten an. Dafür ein Beispiel:
Feiger Gedanken
Bängliches Schwanken,
Weibisches Zagen,
Ängstliches Klagen
Wendet kein Elend,
Macht dich nicht frei.
Allen Gewalten
Zum Trutz sich erhalten,
Nimmer sich beugen,
Kräftig sich zeigen
Unter dieses Goethe-Zitat schrieben sie den selbstgedichteten Zusatz:
Arbeiter, es wird von Euch nicht mehr verlangt;
Die Reime beherzigt, vor Taten nicht bangt
Ihr seid geknechtet, Ihr seid entrechtet,
verlangt wird, dass Ihr Eure Freiheit erfechtet!
Friedrich Knopp wurde hier 7 Tage vor seinem 44. Geburtstag ermordet.
Die Toten hier ermahnen uns, Krieg ist mit ungeheuren Menschenopfern und Verbrechen verbunden. Im 2. Weltkrieg wurden 60 Millionen Menschen getötet, 27 Mio. davon allein im Vernichtungskrieg des faschistischen Deutschlands gegen die Sowjet-Union. Allein bei der Blockade Leningrads wurden über 1 Mio Menschen –überwiegend Zivilisten – getötet. Zur deutschen Verantwortung kann nur die Verhinderung eines erneuten Kriegs gegen Russland gehören.
„Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ ist die Leitlinie der VVN-BdA, der ältesten und größten antifaschistischen Organisation in Deutschland. Wir wenden uns gegen alle Formen von Rassismus und Neofaschismus. Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen! Zu unserem Antifaschismus gehört selbstverständlich der Kampf gegen jegliche Kriegstreiberei, auch gegen Russland.
Seit Bestehen der Bundesrepublik war die Gefahr eines großen Krieges – auch mit Atomwaffen – noch nie so groß. Diesen müssen wir verhindern! Frieden ist das Gebot der Stunde!
Der drohende Krieg ist aber nicht durch immer aggressivere Aufrüstung, durch das bisher größte Nato-Manöver „Steadfast Defender“ und durch Waffenexporte in Kriegsgebiete zu verhindern. Im Gegenteil, wir müssen zurück zur Entspannungspolitik und Diplomatie, wir brauchen friedliche Konfliktlösungen.
Wir müssen uns einsetzen für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen in der Ukraine. Wir brauchen eine europäische Sicherheitsordnung unter Einschluss Russlands.
In Gaza müssen die Waffen ebenfalls schweigen. Gerade die Verantwortung für den Holocaust, den Völkermord an 6 Millionen jüdischen Menschen, sollte Deutschland verpflichten, alles zu tun, um ähnliche Verbrechen an anderen Völkern, wie den Palästinensern, zu verhindern. Nur über Verhandlungen unter Anerkennung von völkerrechtlich verbindlichen UNO-Resolutionen kann eine politische Lösung für Israelis und Palästinenser entwickelt werden.
Auch das Massaker in der Wenzelnbergschlucht zeigt: Anstelle von Kriegstüchtigkeit brauchen wir die Fähigkeit zum Frieden. Wir brauchen eine Kultur des Friedens: Keine Bundeswehr in Schulen und Universitäten, stattdessen Friedenspädagogik und Friedensforschung!
Ein Leben in Frieden bedeutet, sich frei und ohne Gefahr von Repressionen und Gewalt für die eigenen Rechte und Interessen einzusetzen.
Es bedeutet auch, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.“