24. Oktober 2021 Stolpersteingang in Eller / Lierenfeld

3. November 2021

Kerzen und Blumen für die Verfolgten des Nazi Regimes

Seit 2003 werden in Düsseldorf Stolpersteine durch den Kölner Künstler Günter Demmig verlegt, wissenschaftlich und organisatorisch wird dieses Projekt von dem Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte betreut, bis jetzt (August 2021) wurden 372 Stolpersteine verlegt.

Nach Stolpersteingängen in anderen Düsseldorfer Stadtteilen veranstaltete die VVN-BdA Düsseldorf zum ersten Mal einen Stolpersteingang in Eller/Lierenfeld. Zum Glück bei schönstem Wetter führte Gisela Blomberg am Sonntag, den 24.10.2021 zu 18 Stolpersteinen, die vor 8 Häusern liegen, und erinnerte an das Schicksal dieser Menschen, dazu gehörte selbstverständlich auch das Putzen der Stolpersteine, anschließend haben wir Kerzen angezündet und Blumen niedergelegt.

Treffpunkt und Auftakt war auf dem Gertrudisplatz 1, wo die Stolpersteine für Klara Kerz, Paul Maus und Robert Raths liegen, die von den Nazis als minderwertige, asoziale Personen in den Tod geschickt wurden, da sie ihr Recht auf die „Mitgliedschaft in der Volksgemeinschaft“ verwirkt hätten.
Gegen die wohnungslose Klara Kerz wurde ein Schauprozess eröffnet, in dem sie keine Chance auf Verteidigung hatte, ihr Pflichtverteidiger RA Sohnius schloss sich dem Antrag des Staatsanwaltes an. Im Mai 1944 wurde sie mit 25 Jahren zum Tode verurteilt, das Urteil wurde am 6. Juli 1944 im Kölner Gefängnis Klingelpütz vollstreckt.
Alle Prozessbeteiligten, d.h. der ärztliche Gutachter Dr. Fuhrmann, der Staatsanwalt Dr. Hubernagel, der Richter Dr. Gustorf, der Verteidiger RA Sohnius und auch der Scharfrichter Mühl wurden nach 1945 entnazifiziert und konnten wieder ihre alten Positionen einnehmen bzw. wurden befördert.

Paul Maus und Robert Raths, beide 1915 geboren, wurden im Zuge der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ im Juni 1938 ins KZ verschleppt.
Im April 1938 begann die massenweise Einweisung von Menschen, die von den Nazis als „schädlich für die Volksgemeinschaft“ angesehen wurden, in die Konzentrationslager. Dazu zählten besonders: Prostituierte, Obdachlose, sogenannte „Zigeuner“, „Landstreicher“ und „Arbeitsscheue“ – als „arbeitsscheu“ galt, wer zweimal eine vom Arbeitsamt zugewiesene Arbeit abgelehnt oder diesen Arbeitsplatz nach kurzer Zeit wieder verlassen hatte.
Auf diese Weise kamen 10 Tausende in die KZs, wo sie als „Asoziale“ herab gewürdigt wurden und für jeden sichtbar den schwarzen Winkel bekamen.
Paul Maus wurde in das KZ Buchenwald eingeliefert, und kam am 22. August 1941 zu Tode.
Robert Raths kam über verschiedene Lager in das KZ Dachau, von dort im Februar 1943 in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz, wo er noch am selben Tag, dem 23. Februar 1943, ermordet wurde.

An der Gumbertstraße und in der Schlesischen Straße gedachten wir der jüdischen Menschen in Eller / Lierenfeld, die den Holocaust nicht überlebt haben. Sie wurden in den Suizid getrieben, in die Vernichtungslager zwangsverschleppt oder fielen dem Mordprogramm der Euthanasie zum Opfer. Stellvertretend erinnerten wir an die Putzmacherin und Modistin Auguste Leven, an die Familie Brasch, Inhaberin eines Textilgeschäftes in Eller, und die Familie Sternheim.
Auch vor Stolpersteinen politisch Verfolgter legten wir Blumen nieder, so erinnerten wir an den Sozialdemokraten Heinrich Schweden oder den KPD Reichstagsabgeordneten Rudolf Hennig.


Selbstverständlich machten wir auch Halt vor den Stolpersteinen für die Familie Neubeck, die die VVN-BdA Düsseldorf hat verlegen lassen. 2006 hatte sich der Historiker Karl-Heinz Jahnke in der von der VVN Düsseldorf herausgegebenen Broschüren-Reihe „Gesichter des Düsseldorfer Widerstands“ ausführlich mit dem Schicksal der Kommunisten Hans und Anna Neubeck, die beide aus wohlhabenden jüdischen Familien stammten, und ihrer Kinder Herbert und Marianne beschäftigt. Eindrucksvoll wurde aus dem Bericht – einem Fund aus dem Archiv der VVN-BdA NRW- der Widerstandskämpferin Grete Salz, die zusammen mit Anna Neubeck im Zuchthaus Ziegenhain Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie leisten musste, zitiert.

Dieser erste Rundgang in Eller stieß bei den Teilnehmer*innen auf großes Interesse – wir werden diesen gern erneut durchführen.
Interessierte Menschen und Gruppen können sich diesbezüglich jeder Zeit an uns wenden,

Im Frühjahr 2022 werden wir auf jeden Fall wieder einen festen Termin anbieten.

Recherche und Durchführung: Gisela Blomberg
Quellen:

  • Hildegard Jakobs,Angela Genger,Angela Kramp (Hg.):Stolpersteine -Stumbling Stones, Düsseldorf,. 2012
  • Bastian Fleermann: Ulmer Höh‘. Das Gefängnis Düsseldorf-Derendorf im Nationalsozialismus, Düsseldorf, 2021
  • Bastian Fleermann/ Angela Genger (Hg.): Das Novemberpogrom in 1938 in Düsseldorf, Essen, 2008
  • Bastian Fleermann/ Hildegard Jakobs: Düsseldorfer Deportationen. Massenverschleppung von 1933 bis zur Befreiung 1945, Düsseldorf, 2015
  • Karl-Heinz Jahnke: Hans, Anna, Herbert und Marianne Neubeck – eine Familie aus Düsseldorf. VVN Düsseldorf, Gesichter des Düsseldorfer Widerstands, Heft 2, Düsseldorf, 2006
  • Karl Schabrod: Widerstand gegen Flick und Florian. Düsseldorfer Antifaschisten über ihren Widerstand 1933 – 1945, Frankfurt 1978
  • Herbert Schmidt: Der Elendsweg der Düsseldorfer Juden. Chronologie des Schreckens 1933 – 1945, Düsseldorf, 2005
  • Herbert Schmidt, Todesurteile in Düsseldorf. 1933 – 1945, Düsseldorf, 2008
  • VVN Düsseldorf: Ungesühnte Nazi-Morde, Düsseldorf 1978
  • Landesarchiv der VVN-BdA NRW in Oberhausen
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_D%C3%BCsseldorf